Alerheim zwei Seiten Hof
Ansicht neu | Ansicht Baulücke |
Nach dem Tod der Eigentümer ließ die Gemeinde, in deren Besitz die Hofstelle nun war, das alte Bauernhaus und den Kuhstall abreißen – es blieb nur ein kleiner Stadel auf der Grenze stehen. Seit 2002 war das Grundstück dann im Besitz der Eltern von Regina Schnell und ging 2015 an uns. Die fehlende Bebauung war im Dorfbild immer als Lücke erkennbar.
Vor einer Neubebauung gab es aber einige Schwierigkeiten zu lösen: So waren zum Beispiel Abstandsflächen zur Grenzbebauung im Osten einzuhalten und mussten einige Versorgungsleitungen des Grundstücks im Norden, ein Telekom-Mast und Einfahrten der Grundstücke Hauptstraße 10 und 12 verlegt werden. Weiterhin waren noch Abbrucharbeiten zu leisten (Stadel, Jauchegrube, Kartoffelkeller, usw.). Erste Überlegungen das Haus in Anlehnung an ein normales Haus in der Siedlung (Haus und Garage im 90°-Winkel) an die Hauptstraße zu bauen, wurden schnell verworfen, da dies einen Garten im Norden des Grundstücks ergeben hätte. Alles gute Gründe den Traum vom Haus im Dorfkern zu begraben, aber das Grundstück und seine doch vorhandenen Qualitäten ließen uns nicht los. Das Grundstück ist im Vergleich zu manchen Siedlungsplätzen recht groß, liegt mitten im Dorf in einer gewachsenen Struktur, hier wohnt Jung und Alt nebeneinander, hier findet man die Landwirtschaft neben der Schreinerei, der Dorfladen ist in Sichtweite, hier trifft man sich auch mal zufällig zum Ratsch oder zum Feierabend-Bier, …schlussendlich ist man einfach mitten drin. Und beim Wunsch nach einer gewissen Freiheit in der Art des Hausbaus ist man im Dorfkern in Alerheim ebenfalls gut aufgehoben, da es hier keinen regulierenden Bebauungsplan gibt. Gespräche mit der Gemeinde ergaben allerdings einige Empfehlungen, die eine Genehmigung erleichtern könnten. So wurde die Giebelständigkeit an der Straße und die Fügung des Neubaus in die Maßstäblichkeit der Bebauung der Hauptstraße genannt. Wie sich herausstellen sollte, waren diese Vorgaben nicht nur umsetzbar, sondern halfen uns auch in der Verwirklichung unserer Vorstellungen.
So entwickelten sich wie von selbst Parameter, wie die Giebelständigkeit an der Straße mit einem steilen Satteldach, ein schmaler, lang gezogener Baukörper und schließlich die L-Form in Anlehnung an die üblichen landwirtschaftlichen zwei-Seit-Höfe (Bauernhaus mit Kuhstall und Stadel im 90°-Winkel dazu). Allerdings wollten wir den Bestand und die für die Hauptstraße typische landwirtschaftlich geprägte Bauweise nicht imitieren, sondern modern interpretieren (der Stadel in der L-Florm eines zwei-Seit-Hofes wurde durch einen Flachbau ersetzt, der geringe/nicht vorhanden Dachüberstand oft in Gesimsausführung, wurde mit einer integrierten Rinne entlang des Giebels ohne Dachüberstand ersetzt, usw.)
Bei der Giebelständigkeit zur Straße war zum einen ein geringer Abstand zur Straße wichtig, zum anderen konnte auch der Wunsch des Nachbarn erfüllt werden, wie bisher auch von seiner Küche aus in die Hauptstraße zu sehen. Der Giebel sollte wie die Häuser im Bestand eine Wohnnutzung an der Straße andeuten und die Garagennutzung kaschieren. Die Einfahrt in die Garage erfolgt über die Längsseite und den Hof, der sich aus der Abstandsfläche zur Nachbarbebauung sowieso baurechtlich ergab. Die vielfachen Bestandsbauten in der Hauptstraße mit zwei Vollgeschossen und einem Dachgeschoss kamen uns ebenfalls entgegen und durch das steile Satteldach konnte auch das Dachgeschoss nutzbar gemacht werden. Im lang gezogenen, schmalen Baukörper wurden alle bedienenden Räume im EG von der Straße aus nacheinander angeordnet (Garage, Nebenraum, Technik, HWR und schließlich das Treppenhaus). Dies ermöglichte uns gleichzeitig die Wohnräume und Küche möglichst weit weg von der Hauptstraße im Flachbau mit einer Süd-/Süd-West-Ausrichtung mit großen Fensterfronten anzuordnen und gleichzeitig im zwei-stöckigen Baukörper eine ruhige Lochfassade vorzusehen. Die Aufenthaltsräume im Haus wurden in Richtung Süd-/Süd-West angeordnet – die Flächen nach Osten und Norden beherbergen die Erschließungszonen und die Form der rechteckig stehenden Fenster der Aufenthaltsräume, ändert sich auf der Ost- und Nordseite in liegende, schmale Fensterbänder. Der Flachbau in Verlängerung des zweistöckigen Längsbaus bietet im Obergeschoss die Möglichkeit für eine nach Westen ausgerichtete (von der Straße aus etwas versteckte) Dachterrasse – der restliche Flachbau wurde begrünt. So entstand Stück für Stück unser Traum vom Haus im Ortskern von Alerheim.
Florian und Regina Schnell
Architekt: Bauherren: Fertigstellung: |